Am 1. Dezember hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg ein möglicherweise auch für Mannheim wichtiges Urteil verkündet: Der Planfeststellungsbeschluss zum Polder Bellenkopf-Rappenwört in Rheinstetten vom 23.10.2020 ist rechtswidrig und nicht vollziehbar.
Bis die Urteilsgründe – und damit Grund und Ausmaß der Rechtswidrigkeit – veröffentlicht werden, wird es noch eine Weile dauern.
In dem Planfeststellungsbeschluss war neben ökologischen Flutungen auch die Abholzung von 10 Hektar Wald auf dem dortigen Hochwasserschutzdamm vorgesehen, während die Alternative einer durchgängigen Hochwasserschutzwand, wie sie auch von der Bürgerinteressengemeinschaft Lindenhof (BIG) für den Mannheimer Rheindamm gefordert wird, verworfen worden war.
In der mündlichen Verhandlung vor dem VGH am 16. und 17. November 2023 war die BIG als Prozessbeobachterin vor Ort.
Geklagt hatten die Gemeinde Rheinstetten, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. Rico Faller aus Karlsruhe, der auch die BIG in Mannheim vertritt, und eine Bürgerinitiative aus Rheinstetten.
Deichverteidigungsweg und baumfreie Zone verzichtbar
Im Auftrag der Gemeinde zeigte der Sachverständige Dr. Roland Haselsteiner im Prozess die Vorteile einer Hochwasserschutzwand gegenüber einem Erddamm auf, wie er es auch vor einem Jahr für die Stadt Mannheim in der Sitzung des Ausschusses für Technik und Umwelt (AUT) des Mannheimer Gemeinderates getan hat. Auch der vom Gericht bestellte Gutachter Dr. Andreas Bieberstein vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT)vertrat im Wesentlichen diese Auffassung. Beide halten einen zusätzlichen Deichverteidigungsweg und eine baumfreie Zone, wie das Regierungspräsidium sie auch in Mannheim plant, für verzichtbar, weil der ist. Im Katastrophenfall muss eine Hochwasserschutzwand nicht verteidigt werden.
„Wir müssen die Begründung des Urteils abwarten“, kommentiert Dr. Christine Gerner von der BIG die Entscheidung des Gerichts. „Doch besteht Grund zur Hoffnung, dass das Gericht den Darlegungen der Sachverständigen folgt und dass deutlich wird: Die Ertüchtigung des Dammes in der vom Regierungspräsidium Karlsruhe geplanten Erdbauweise ist angesichts der damit verbundenen immensen Eingriffe in Natur und Umwelt rechtswidrig. Denn mit der selbsttragenden statischen Spundwand gibt es eine zumutbare Alternative, die den Erhalt der meisten Bäume auf und am Damm ermöglicht.“
„Obwohl der Fall nicht uneingeschränkt auf die Mannheimer Verhältnisse übertragbar ist, würde dies sicherlich unsere Position stärken“, ergänzt Uwe Buckenauer, Vorstandsmitglied der BIG.
Planfeststellungsverfahren in Mannheim noch in früheren Phase
Allerdings befindet sich das Planfeststellungsverfahren in Mannheim noch in einer früheren Phase. In Mannheim liegt bislang erst der Antrag des Regierungspräsidiums vor, über den die Untere Wasserbehörde des Landes Baden-Württemberg, die bei der Stadt Mannheim angesiedelt ist, noch zu entscheiden haben wird.
Nun bleibt abzuwarten, ob der für 2024 geplante Erörterungstermin tatsächlich stattfinden muss oder ob das Regierungspräsidium nach Veröffentlichung der Urteilsgründe gegebenenfalls seine Pläne entsprechend überarbeiten und einen geänderten Antrag bei der Mannheimer Unteren Wasserbehörde einreichen wird. „In diesem Fall gäbe es für uns vorerst nichts zu tun“, so Buckenauer.
Sollte das Regierungspräsidium aber weiterhin auf seinen ursprünglichen Plänen beharren, wäre die Durchführung des Erörterungstermins verfahrensrechtlich notwendig, bevor die Untere Wasserbehörde der Stadt Mannheim eine abschließende Entscheidung treffen kann.
In diesem Fall wären alle Bürgerinnen und Bürger und Institutionen, die rechtzeitig Einwendungen erhoben haben, berechtigt, am Erörterungstermin teilzunehmen und das Regierungspräsidium mit ihren von der Planung berührten Belangen zu konfrontieren.